Psychologie allgemein
Für die meisten Menschen ist alles, was mit „Psycho“ anfängt, erstmal genau das: Psycho.
„Ich bin doch nicht verrückt!“ Menschen verbinden mit Psychologie nach wie vor oft Begriffe wie „verrückt“, „irre“ und „krank“ – aber nicht im Sinne einer Behandlungsbedürftigkeit, sondern in dem Sinne, dass dieser Mensch weggeschlossen werden sollte, weil er unheilbar „krank im Kopf“ geworden ist.
Filme wie „Psycho“, „Shining“, „ES“ und viele andere Psychothriller haben das Bild des ‚Irren’, der sich selbst nicht bewusst ist über seine Geistesstörung, weiter verfestigt und es in der Folge vielen Menschen unmöglich gemacht, die Psychologie als das zu sehen, was sie ist: die Lehre vom menschlichen Erleben und Leben.
Psychologie heißt wörtlich übersetzt ‚Seelenkunde’ und das kommt der Sache auch schon sehr nah – es geht um das Seelische, also den Teil in uns, der nicht das Körperliche ist. Den körperlichen Anteil kennen wir sehr gut, vor allem, wenn es ihm nicht gut geht: meist tut es irgendwo weh oder ein Teil des Körpers funktioniert nicht mehr so, wie wir es gewohnt sind. Da wir Schmerz praktisch immer als Alarmsignal interpretieren und Schmerz meist auch gar nicht ignoriert werden kann, reagieren wir alle gleich und ändern unser Verhalten umgehend: wir gehen ins Bett und ruhen und aus, wir schonen uns, und je nachdem gehen wir auch zum Arzt, der uns dann weitere Anweisungen gibt, wir wir uns verhalten müssen, damit es uns bald wieder besser gehen soll.
Eigentlich könnten wir in Bezug auf das Seelische genauso vorgehen, wenn das Seelische sich denn so ausdrücken würde – in einer Form, die nicht zu ignorieren ist und uns daher umgehend zwingt, etwas zu tun oder zu lassen.
Leider tut das Seelische das aber nicht in dieser ‚Sprache’; stattdessen drückt es sich anders aus, wenn irgendetwas nicht mehr stimmt, wir z.B. überlastet sind oder uns sonstwie in einer Art und Weise verhalten, die uns nicht gut tut.
Die Sprache der Psyche drückt sich dann oft in körperlichen Symptomen aus (psychosomatische Störungen) oder es kommt zu diversen psychischen Symptomen, die in psychischen Störungen zusammengefasst werden: z.B. Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, usw. In einer Psychotherapie werden diese psychischen Störungen bzw. die psycho-somatischen Störungen mit psychischen Mitteln behandelt.
Bei diesen ‚psychischen Mitteln’ kommt es nun wiederum darauf an, welche Form der Psychotherapie die Therapeutin anwendet. Unterschieden werden Verhaltenstherapie und psychodynamische Verfahren (tiefenpsychologisch fundierte Therapie und Psychoanalyse).
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder wissenschaftliche Exaktheit zu erheben, wird in der Verhaltenstherapie jegliches Verhalten als gelernt angesehen. Wer nun im Laufe seines Lebens aufgrund seiner Lebens- und damit Lernerfahrungen auf Probleme bzw. Beschwerden stößt, kann mithilfe einer Verhaltenstherapie diesen ‚Fehlern’ im Denken und im Handeln auf die Spur kommen und diese verändern. Dabei wird sehr konkret und mit klarem Fokus auf die Gegenwart gearbeitet, z.B. durch Rollenspiele oder die Überprüfung von aktuellen Denkmustern auf ihre Funktionalität („Bin ich vielleicht einfach nur daran gewöhnt, so zu denken, weil ich das schon immer so gemacht habe?“). Insbesondere Selbstwertprobleme lassen sich in einer Verhaltenstherapie sehr gut auflösen.
Psychodynamische (tiefenpsychologische) Verfahren zäumen sozusagen das Pferd von der anderen Seite auf: Während die Verhaltenstherapie sich vordergründig für die aktuelle Situation interessiert, unabhängig davon, wie oder wann diese Lernerfahrungen ihren Anfang genommen haben, suchen Psychoanalytiker/Psychodynamiker schwerpunktmäßig nach der ‚Wurzel des Übels’. Diese liegt naturgemäß meist in der Vergangenheit der betroffenen Person (z.B. in der frühen Kindheit) und oft auch im Unbewussten, das in der tiefenpsychologischen Behandlung eine besondere Bedeutung hat. Das Ziel der Therapie ist es daher, einen Teil dieses Unbewussten erkennbar zu machen, um dem Patienten ein tieferes Verständnis des eigenen Selbst zu ermöglichen. In der Folge sollen sich dann – wie in einem Wollknäuel – die Fäden des Lebens bis in die Gegenwart hinein Stück für Stück entwirren.
Beide Therapie’schulen’ haben ihre Vor- und Nachteile; ich selbst bin Verhaltenstherapeutin aus Leidenschaft, aber das bedeutet nicht, dass ich nicht viele psychodynamische Verfahren und Techniken anwende in meiner psychotherapeutischen Arbeit. So hat beispielsweise die Bedeutung des Unbewussten auch in der Verhaltenstherapie Einzug gehalten, und auch in der Verhaltenstherapie wird natürlich die Auseinandersetzung mit der Kindheit und den dort gemachten Erfahrungen zur Klärung von aktuellen Konflikten und Beschwerden herangezogen. Umgekehrt gehe ich davon aus, dass auch die Tiefenpsychologinnen und Psychoanalytikerinnen mit Lernmodellen arbeiten und Rollenspiele anwenden.