Essstörungen
Essen ist für die meisten Menschen so normal, dass sie sich kaum Gedanken darum machen und wenn, dann in einem genussorientierten Sinne. Aber zunehmend mehr Menschen, und zwar auch immer mehr Männer, haben große Schwierigkeiten mit der Nahrungsaufnahme oder der Auswahl ihrer Nahrung. Sie leiden unter einer Essstörung.
Essstörungen sind ernst zu nehmende psychosomatische Erkrankungen, die durch schwere Störungen des Essverhaltens gekennzeichnet sind. Essstörungen können ernsthafte und langfristige gesundheitliche Schäden nach sich ziehen. Der zentrale Punkt einer Essstörung ist die ständige gedankliche und emotionale Beschäftigung mit dem Thema Essen.
Essstörungen lassen sich in 3 bzw. 5 Kategorien einordnen:
- Die Anorexia nervosa (Magersucht) ist durch das krankhafte Bedürfnis gekennzeichnet, Gewicht zu vermindern. Häufig sogar bis hin zur lebensbedrohlichen Unterernährung oder anderen schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Magersucht hat die höchste Sterblichkeitsrate von allen psychischen Erkrankungen.
- Bei der Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht) haben die Betroffenen ein unkontrolliertes Verlangen nach Essen und führen anschließend gewichtsreduzierende Maßnahmen durch, um die aufgenommene Nahrung wieder loszuwerden. Überwiegend wird diese Erkrankung bei Frauen diagnostiziert.
- Die Binge-Eating-Störung bezeichnet wiederkehrende Essanfälle mit Kontrollverlust, allerdings werden keine gewichtsreduzierenden Maßnahmen vollzogen. Aufgrund der Essattacken neigen die Betroffenen häufig zu Übergewicht.
- Ferner gibt es die aktuell kontrovers diskutierte Kategorie der Orthorexia nervosa als Essstörung, bei der die übermäßige Beschäftigung mit der Qualität der Lebensmittel aufgrund selbst auferlegter Regeln zu psychischen und/oder physischen Beeinträchtigungen führen kann.
- Last, but not least sei hier noch die Adipositas aufgeführt, bei der es sich aber genau genommen nicht um eine Essstörung handelt, sondern um ein starkes Übergewicht. Da aber die Fettleibigkeit zu massiven psychischen Folgebeschwerden führen kann, ist sie an dieser Stelle doch nicht falsch.
Vor allem Anorexie und Bulimie, oder wie die deutschen Bezeichnungen lauten: Magersucht und Ess-Brech-Sucht, sind letztlich auch als Suchterkrankungen zu interpretieren.
Für Suchterkrankungen aber ist es typisch, dass die Erkrankten als letzte einsehen, dass sie eine Behandlung brauchen. Bei Essstörungen kommt erschwerend hinzu, dass eine Störung der Körperwahrnehmung (sogenannte Körperschemastörung) zu den charakteristischen Krankheitszeichen zählt. Das erklärt, warum selbst lebensgefährlich abgemagerte Magersüchtige bei einem Blick in den Spiegel nicht erkennen, dass etwas mit ihrer Figur nicht stimmt.
Unter den Essstörungen gilt Magersucht als besonders gefährlich. Innerhalb von 10 Jahren sterben 5 % der Betroffenen an dieser Essstörung.
Die professionelle Therapie von Essstörungen ist in den allermeisten Fällen der einzige Weg, aus Bulimie, Magersucht oder Binge-Eating herauszufinden. Essstörungen sind keine Marotte von Teenagern oder jungen Frauen, sondern eine komplexe psychische Erkrankung. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Erfolgsaussichten einer Therapie gegen Essstörungen sind nicht so hoch, wie Betroffenen und Angehörige es sich wünschen. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen beträgt die Heilungsquote – berechnet auf die Lebenszeit – etwa 50 %. Das bedeutet: Die Hälfte aller Therapien gegen Essstörungen verläuft erfolgreich, die andere nicht.
Die Therapie von Essstörungen ist nicht einfach und häufig langwierig. Sie stellt für Betroffene und deren Umfeld oft eine große Belastung dar. Dennoch lohnt sie sich: Die Therapie von Essstörungen rettet Leben!